Sex Work and Human Rights

Berlinale: Filme über Sexarbeiter_innen und die Sexindustrie

BerlinaleDie 63. Berlinale hat begonnen und ich möchte Sie gerne auf einige Filme hinweisen, die sich mit dem Leben von Sexarbeiter/innen oder der Sexindustrie beschäftigen. Die Liste erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit und stellt keine Befürwortung oder Empfehlung der jeweiligen Filme dar. Für weitere Informationen sowie die Spielzeiten und -stätten klicken Sie bitte auf die Links neben den Filmtiteln.

Berlinale Special: The Look of Love (England, 2012) Link

Michael Winterbottoms Filmbiografie über Paul Raymond, den ‘König von Soho’

Look of Love“Sex sells – mit dieser Devise avanciert Paul Raymond zu einem der reichsten Männer Großbritanniens. Seine Karriere beginnt er als Betreiber eines Nightclubs, dessen Darbietungen so heiß sein sollen, dass kein “wirklicher Kerl” ihnen widerstehen kann. Von den ersten Ersparnissen kauft Raymond eine Immobilie, später ganze Straßenzüge des Londoner Bezirks Soho. Zu seinem ständig wachsenden Imperium gehören Erotikmagazine und Showbühnen. Sein Bankkonto weist schließlich ein Guthaben von 650 Millionen Pfund aus. Doch dann stirbt seine geliebte Tochter Debbie mit nur 36 Jahren an einer Überdosis Heroin…

Nach 24 Hour Party People und The Trip arbeitet Regisseur Michael Winterbottom erneut mit seinem genialen Hauptdarsteller Steve Coogan zusammen und entwirft mit ihm die bizarre Welt eines Sexmaniacs. Die moderne König-Midas-Story entstand auf der Basis tatsächlicher Ereignisse um Paul Raymond, der als “King of Soho” in die britische Gesellschafts- und Skandalgeschichte einging. Auf dem schmalen Grat zwischen Komik und Tragik balancierend und mit empathischer Nähe zu seiner exzentrischen Hauptfigur, entwirft der Film ein Sittenbild aus der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts.”

Panorama: Concussion (USA, 2012) Link

ConcussionAbby ist 42, verheiratet, gut situiert, lesbisch, hat mit ihrer Frau zwei Kinder – ein echtes Familienidyll. Nachdem sie beim Spielen mit ihren Kindern durch einen Baseball am Kopf verletzt wird, kommt das ausbalancierte Arrangement aus Gym, Schule, Familie und Haushalt ins Wanken: “I don’t want this!” so ihr verzweifeltes Mantra schon auf dem Weg ins Krankenhaus. Sie beginnt ein Renovierungsprojekt in der nahen Großstadt, und verlässt schließlich nicht nur den aufgeräumten Vorort, sondern auch den vorgezeichneten Weg: Nachdem sie zweimal mit Prostituierten Sex gehabt hat, beginnt sie selbst für die vermutlich unwahrscheinlichste Zuhälterin der Filmgeschichte zu arbeiten – nur für Frauen, versteht sich.

New New Queer Cinema: die Frauen werden älter, die Themen erwachsener, aufgeräumter. Oder eben gerade doch nicht? Stacie Passons erster langer Spielfilm wurde von Rose Troche produziert, der Regisseurin von Go Fish, einem lesbischen Klassiker des New Queer Cinema und Teddy-Gewinner 1994. Eine produktive Zusammenarbeit, die, wie umgekehrt Passons Wirken als Produzentin von Troches neuestem Kurzfilm belegt, weitere gemeinsame Projekte verspricht.

Panorama: Don Jon’s Addiction (USA, 2013) Link

Joseph Gordon-Levitts Satire über Sex, Erotik und Sittlichkeit

Don Jon's Addiction“Jon Martello ist der beste Aufreißer in der Disco und nimmt am Ende eines jeden Abends genau die Frau mit nach Hause, der seine Freunde auf einer Scala von eins bis zehn die Höchstnote verpasst haben. Doch seiner wahren Leidenschaft geht Jon erst nach, wenn seine Wochenendbekanntschaften wieder verschwunden sind. Er klappt seinen Laptop auf und gönnt sich einen Wank nach dem anderen. So weit, so gut. Doch dann zieht ihn eine junge Frau so sehr in ihren Bann, dass er ihr erlaubt, sein Leben umzukrempeln. Seine Leidenschaft für die Pornografie, sein lässiges Verhältnis in Sachen Familienkontakte, selbst sein rüder Fahrstil – all das ändert sich. Kein Wunder, denn die schöne neue Frau in seinem Leben wird von Scarlett Johansson gespielt. Sie verwandelt Jon im atemberaubenden Tempo in einen spießigen Normalbürger. Wenn da nur nicht die heimliche Pornosucht wäre – selbst nach einer atemberaubenden Nacht mit der Traumfrau. Joseph Gordon-Levitt, Hauptdarsteller und Regisseur dieser knalligen Filmsatire über Sex, Erotik, Bürgerlichkeit und all das andere Zeug, zieht alle Register der Selbstironie, bis der Held schließlich doch in den Armen einer Frau landet, die ihn liebt.”

Panorama: Love Lace (USA, 2012) Link

Filmbiografie über Linda Susan Boreman alias Linda Lovelace, ehemalige Pornodarstellerin und später vermeintliche Pornographie-Gegnerin, berühmt für ihre Rolle im Hardcore-Porno Deep Throat

Love Lace“1972 schlug der Film Deep Throat in den Mainstream ein und veränderte diesen entscheidend, lange vor dem Internet und der Pornografisierung der Gesellschaft. Der Porno-Chic war geboren. In sechs Tagen für 25.000 Dollar gedreht, spielte Deep Throat über sechs Millionen Dollar ein und machte seinen bis dahin unbekannten Star Linda Lovelace, die für die Rolle nur 1250 Dollar erhielt, zum Mediendarling und zum Postergirl für die sexuelle Revolution.

Als das in einer streng religiösen Familie aufgewachsene Girl-Next-Door Linda an den charismatischen Chuck Traynor gerät, beginnt für sie das Leben auf der Überholspur. Traynor erfindet ihre “sensationelle Begabung zum Oralverkehr” und wird ihr Ehemann, Manager und Zuhälter. Die naive Lovelace übernimmt freudig ihre neue Identität, entdeckt aber bald die dunklen Seiten ihres Ehemanns und der Sexindustrie. Wie schon Inside Deep Throat von Randy Barbato und Fenton Bailey im Panorama 2005 behandelt Lovelace von den beiden Oscar-Preisträgern Rob Epstein und Jeffrey Friedman die Themen Porno-Business, Drogen, Ausbeutung, Sex und Verrat und zeigt Entdeckung, Aufstieg und Fall eines Pornostars.”

Panorama: Soğuk | Kälte (Türkei, 2012) Link

Soguk“In einer türkischen Kleinstadt, kurz vor der georgischen Grenze, leben Balabey und seine Familie das traditionelle Leben. Die Ehepartner werden bestimmt, das Glück ist anderswo. Balabey hat sich in seine eigene Welt zurückgezogen und übt nur bei der Arbeit eine bescheidene Form von Macht aus: Als Sergeant kann er Züge willkürlich anhalten oder die Fahrt fortsetzen lassen. Mitten im Winter, Landschaft und Häuser ruhen unter einer dichten Schneedecke, verliebt er sich in die schöne Russin Irina, die mit ihren Schwestern in einem Bordell arbeitet. Für die Männer ist das Bordell ein Ort der Wärme in der kalten Stadt, während ihre Ehefrauen über die Untreue ihrer Männer in tiefe Verzweiflung fallen. Balabeys fragiles Glück wird bald von seinem jähzornigem Bruder bedroht, der gerade die Schwester von Balabeys hochschwangerer Frau heiraten musste. Wie eine antike Tragödie entfaltet sich dieser Film, der großartige Landschaftsbilder zeigt. Mit allem, was in seiner Macht steht, will Balabey die geliebte Irina von ihrer geplanten Rückkehr nach Moskau abhalten.”

Panorama: Something in the Way (Indonesia, 2013) Link

Something in the way“Ahmad arbeitet als Taxifahrer in Jakarta. Er ist abhängig von dem Sex, der ihm über Porno-Magazine und Videos angeboten wird, den er sich kaufen könnte, wenn er das Geld besäße, und den er doch nur alleine vor seinem Fernseher oder beim heimlichen Masturbieren in seinem Taxi erlebt. Seiner nächtlichen Einsamkeit, unterbrochen nur von mitgehörten Gesprächen seiner Kollegen, die abfällig über Prostituierte und ihre eigenen Frauen sprechen, gegenüber stehen seine Aufenthalte in der Moschee tagsüber. Dort wird er über Reinheit, Moral und den Koran belehrt. In Ahmads Leben fällt einen Hoffnungsschimmer, als er sich in seine Nachbarin, die Prostituierte Kinar, verliebt und sie zu ihren Aufträgen chauffiert. Doch einer Beziehung steht ihr Zuhälter im Wege. Die Kollision von Sex als Produkt und Religion als moralischem Druck im modernen Jakarta verwirren Ahmad immer mehr, wünscht er sich doch nichts anderes, als Kinar und sich selbst vor dem sündigen Leben zu retten. Nachtaufnahmen, rot und grün getünchte düstere Innenräume, diffuse Straßenlichter und Fragmente von Gesichtern im Rückspiegel des Taxis begleiten ihn auf seinen immer wahnwitzigeren Fahrten durch die Stadt.”

Alle Filmstills und Inhaltsangaben © Internationale Filmfestspiele Berlin

Forschungsprojekt Korea, 8. Februar 2013

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